Am Vorabend der Revolution war Frankreich hoch verschuldet. Um aus dieser Krise herauszukommen, sah der König keinen anderen Ausweg als die Einberufung der Generalstände, einer Versammlung der drei Stände Klerus, Adel und Bürgertum. Diese Versammlung, die das letzte Mal vor über 170 Jahren stattgefunden hatte, sollte ihm neue Steuern gewähren. Die Wahlen zu den Generalständen erweckten insbesondere beim Bürgertum Hoffnungen auf mehr Freiheiten und Mitbestimmungsrechte. Mit den Eröffnungsreden des Königs und des Finanzministers im Mai 1789 wurde jedoch schnell klar, dass es der herrschenden Monarchie in erster Linie um Geld ging. Das Bürgertum begann zu revoltieren. Am 20. Juni erklärte sich der Dritte Stand zur Nationalversammlung, die eine neue Verfassung ausarbeiten wollte. Nachdem sich immer mehr Angehörige des Adels und vor allem der Geistlichen dieser Versammlung anschlossen, sah sich der König letztlich gezwungen, diese anzuerkennen. Die Nationalversammlung erklärte in der Folgezeit die Menschen- und Bürgerrechte und legte schließlich eine neue Verfassung vor, die für Frankreich eine konstitutionelle Monarchie vorsah. Der König leistete den Schwur auf diese Verfassung und erklärte die Revolution für beendet – aber er täuschte sich.
Was ist der Dritte Stand? Alles. Was ist er bis jetzt in der staatlichen Ordnung gewesen? Nichts. Was verlangt er? Etwas darin zu werden.
Sièyes in seiner Broschüre Was ist der Dritte Stand?
, Anfang 1789
Wir sind hier durch den Willen der Nation und werden nur der Macht der Bajonette weichen!
Mirabeau am 20. Juni 1789
Die Nationalversammlung […] beschließt, dass alle Mitglieder dieser Versammlung augenblicklich den feierlichen Schwur leisten, nicht auseinanderzugehen und überall zusammenzutreten, wie die Umstände es erfordern werden, bis die Verfassung des Königreichs geschaffen und auf sicheren Grundlagen befestigt sein wird […]
Der Ballhausschwur, 20. Juni 1789
Drei Stunden dauert diese hochtechnische Darstellung der Finanzlage, in der nur ein 56-Millionen-Defizit zugegeben und eine Anleihe von 80 Millionen vorgeschlagen wird. So macht man den Abgeordneten, gegen die Hoffnung des ganzen Landes, von vornherein klar, dass der König ihre Zuständigkeit auf die Billigung eines verzweifelten Finanzmanövers eingeschränkt sehen möchte. Nichts wird gesagt über eine etwaige Verfassung des Reiches.
François Furet: Die Französische Revolution, S. 90 (über die Eröffnungsrede des Finanzministers Necker vor den Generalständen)
Am 27. [Juni] erkennt Ludwig XVI. höchstpersönlich das Fait accompli an, indem er seine getreue Geistlichkeit und seinen gereuen Adel
auffordert, sich mit dem Dritten Stand zu vereinigen. Am Abend erstrahlt Paris in festlicher Beleuchtung.
François Furet: Die Französische Revolution, S. 97