Eigentum ist Diebstahl!
– dieser Satz stammt von Jacques Pierre Brissot. Ein begabter Schriftsteller mit einem impulsiven Temperament, das ihn oft daran hinderte, verantwortungsvolle Entscheidungen zu treffen. Brissotisten wurden in der kurzlebigen Gesetzgebenden Versammlung die späteren Girondisten genannt, die der begabte Literat mit Hilfe seines großen rhetorischen Talents um sich scharen konnte. Sein größter Fehler jedoch war, dass er sich durch den revolutionären Enthusiasmus zu sehr mitreißen ließ. So propagierte er den Krieg gegen die Monarchien Europas, dessen Ausbruch er durch seine wenig überlegte, aber wirkungsvolle Agitation zu einem großen Teil mitzuverantworten hatte. Dadurch gefährdete er aber nicht nur den Bestand der jungen Republik, sondern schuf sich auch einen mächtigen Feind: Robespierre. Als die militärischen Erfolge ausblieben und die Revolution sich dadurch radikalisierte, ruderte Brissot mit den Girondisten zurück: Keine eindeutige Haltung im Königsprozess, Zurückschrecken vor dirigistischen Maßnahmen zur Unterstützung des Krieges und zur Festigung der Revolution. Die sehr viel konsequenteren Montagnards ließen die Girondisten, allen voran Brissot, am 2. Juni 1793 verhaften. Am 31. Oktober 1793 traten Brissot und seine unglücklichen Gefährten ihren letzten Gang zum Schafott an.
In der Ordnung der Natur ist ausschließliches Eigentum Diebstahl.
Philosophische Untersuchungen über Eigentum und Diebstahl, 1780
Ein Volk, das nach zehn Jahrhunderten der Sklaverei seine Freiheit errungen hat, braucht den Krieg. Der Krieg ist notwendig, um die Freiheit zu festigen.
Brissot, 16. Dezember 1791
Die Aristokraten glauben an die Armee von Koblenz. Von daher rührt die Halsstarrigkeit dieser Fanatiker. Wollt ihr mit einem Schlag die Aristokratie, die Widerspenstigen und die Unzufriedenen vernichten? Dann zerstört Koblenz!
Brissot, 16. Dezember 1791
Es ist allein das Interesse der Nation, das uns zum Krieg rät.
Brissot, 29. Dezember 1791
Durch Machenschaften und Intrigen gelingt es diesem kleinen Abenteurer, der aussieht wie ein flachköpfiger, tollpatschiger Quäker, als Deputierter von Paris in die Legislative gewählt zu werden. Er ist intelligent, führt eine gewandte Feder, spricht leicht, manchmal sogar glänzend. Ohne tiefe Überzeugung und aller Skrupeln bar, fehlt es ihm nicht an Mut, und er wird es beweisen.
Octave Aubry: Die Französische Revolution I, S. 391
Brissot, der eigentliche Staatsmann der Gironde, war ein Redner von wenig Ausstrahlungskraft, und so fiel vor allem dem eloquenten Vergniaud die Aufgabe zu, den Standpunkt der Gruppe auf der Rednertribüne der Legislative und des Konvents zu vertreten.
Peter Fischer: Reden der Französischen Revolution, S. 443
Auch die Girondisten wollen den Krieg, besonders der markanteste unter ihnen, Brissot. Ihre Beweggründe sind simpel. Sie hoffen, dadurch die Revolution zu konsolidieren
und das Königtum zu zwingen, ihr ohne heimlichen Vorbehalt Gefolgschaft zu leisten.
Octave Aubry: Die Französische Revolution I, S. 391
Die Politik der Gironde war in ihrer ursprünglichen Form kaum etwas anderes gewesen als eine Gelegenheit, brandstifterische Redeübungen zu halten. Die Begegnung mit der Wirklichkeit zwang sie nun Gestalt anzunehmen. Brissot hatte schon sechs bis acht Monate lang großspurige Drohungen ausgestoßen; nun war es an der Zeit, zu zeigen, was daran echt sei […]
Pierre Gaxotte: Die Französische Revolution, S. 255