Fünf Jahre Lettre de la République! Fünf Jahre: Das ist die lange Zeit zwischen dem Sturm auf die Bastille und dem Sturz Robespierres. Am 1. Germinal des Jahres 213 der Republik (21. März 2005) erschien der erste News­letter von republique.de - die in höchstem Maße exklusive Web­site, die in keiner Such­maschine verzeichnet und nur für treue Revolutionäre sichtbar ist. Aus diesem Anlass möchte ich allen Leserinnen und Lesern dieser Seite ganz herz­lich für Ihr treues Inte­resse danken und wünsche diesem schönen Pro­jekt noch mindes­tens weitere fünf Jahre. Dann wäre das stolze Alter von zehn Jahren erreicht - eine gleich lange Zeit­spanne wie die Ära zwischen 1789 und der offi­ziellen Beendi­gung der Revo­lution 1799. Wer es nach­prüfen will, sollte sich heute schon den 21. März 2015 markieren (1. Germinal CCXXIII).
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Diesmal geht es um das Wirken des berühmt-berüchtig­ten Marquis de Sade. Im Juni jährt sich zum 270. Mal sein Geburts­tag. Sein schlechter Ruf wurde ihm in die Wiege gelegt, denn bereits sein Vater - obwohl von Adel - war am Hof von Louis XV wegen der Beleidi­gung einer Mätresse des Königs ungern gesehen. Zunächst machte der junge Marquis aber Karriere beim Militär. Er nahm am Sieben­jährigen Krieg teil und kehrte hochdekoriert 1763 nach Paris zurück. Eine lukrative Heirat und das Erbe seines Vaters ermöglichten ihm den Beginn eines ausschweifen­den Lebens. Der wiederholte Miss­brauch von Prosti­tuierten und Haus­angestellten hatte Haft­befehle und Flucht zur Folge. Er wurde 1777 gefasst und inhaftiert. Von 1784 bis 1789 war er in der Pariser Bastille eingekerkert.


Die revolutionäre Situation im Sommer 1789 versuchte der gefangene Marquis zu seinen Gunsten auszunutzen. Er schrie aus seinem Zellen­fenster, dass alle Gefangenen ermordet werden sollen und forderte die Pariser auf, ihn zu befreien. Er wurde darauf­hin am 4. Juli in das Irren­haus von Charenton verbracht, nachdem der Kommandant der Bastille - der unglück­liche de Launay - die Befürch­tung geäußert hatte, dass der aufmüpfige Wüst­ling mit seinem Verhalten "großen Schaden anrichten könnte". Bekannt­lich konnte die Entfernung des Marquis den 14. Juli nicht verhindern, an dessen Ende der Kopf de Launays auf einer Pike durch Paris getragen wurde. Aber vielleicht hat der Marquis de Sade durch sein Geschrei mehr zu dem end­gültigen Ausbruch der Franzö­sischen Revolution bei­getragen, als wir es heute wissen können.
Im Jahr 1790, dank der Reformen durch die Revolution, kam der Marquis frei. Begeistert von den Ideen der Freiheit und Gleichheit (ohne deswegen auf seine Besitztümer verzichten zu wollen), wurde er Vor­sitzender der Pariser Section des Picques, in der er auch das Amt eines Richters bekleidete. In diese Zeit fällt sein größter publizistischer Erfolg zu Lebzeiten: eine Rede auf den Märtyrer Marat. Im Ver­lauf der immer radi­kaler werdenden Revolution wurde es für Sade jedoch zu­nehmend schwerer, seine ab­neigende Haltung gegen Todes­urteile durch­zuhalten, ohne als ver­dächtiger Gemäßigter zu gelten. Seine eigene Sektion brachte ihn ins Gefängnis: Be­schuldigt, sich einst­mals um den Dienst in der könig­lichen Garde beworben zu haben, wurde de Sade erneut inhaftiert.


Der Marquis, der sich jetzt schlicht François Desade nannte, schrieb einen verzwei­felten Brief an seine Sektion: "Ist es möglich, dass die Nation, die vor drei Jahren meine Ketten zerbrochen hat, mich heute in neue Ketten legt?" - ohne Erfolg: Einen Tag vor 9. Thermidor sollte der Marquis - wie zu dieser Zeit üblich zusammen mit einem ganzen "Amalgan" von wahl­los zusammen­gestellten Angeklagten - vor das Revolutionstribunal gestellt werden. Weil aber die Gefangenen­wärter den auf der Liste von Fouquier-Tinville vermerkten Inhaftierten in dem überfüllten Gefängnis nicht finden konnten, musste der Prozess ohne ihn statt­finden. So entkam der gewitzte Graf der Guillotine. Im Zuge der thermidoria­nischen Amnestie kam er Ende 1794 frei.
Nach dieser Freilassung begann der endgültige Abstieg des Marquis. Die Veröffent­lichung seiner Romane, die er bereits in der Gefangen­schaft geschrieben hatte, war ein finan­zieller Miss­erfolg. Im Jahr 1801 wurde er erneut verhaftet, diesmal wegen des porno­grafischen Inhalts seiner Schriften. 1803 wurde er auf Betreiben seiner Familie für geistes­krank erklärt und in dasselbe Sanatorium eingewiesen, das er 1790 verlassen hatte. Der Leiter der Anstalt erlaubte dem berüch­tigten Patienten die Inszenierung von Theater­stücken - mit Insassen als Schau­spielern. Auf seine alten Tage lernte Sade dort ein 13-jähriges Mädchen kennen, mit dem er eine vier Jahre andauernde Affäre hatte. Der Marquis starb 1814, im Alter von 74 Jahren, in der Irrenanstalt von Charenton.


Der Marquis de Sade ist in die Geschichte als Ver­fasser porno­grafischer Romane wie z.B. Justine und Die 120 Tage von Sodom eingegangen. Dass er durch­aus auch eine poli­tische Bot­schaft ver­breiten wollte, ist wenig bekannt. In der Schrift "Franzosen, noch eine An­strengung, wenn Ihr Republi­kaner sein wollt" (veröffentlicht in der Zeit des Direktoriums im Buch Philosophie im Boudoir) wird seine merk­würdig erschei­nende Über­zeugung vielleicht am besten deutlich: Die gänzliche Frei­heit der Wollust sei das wichtigste Mittel, um die "Dosis an Despo­tismus" auszuleben, die im Herzen eines jeden Menschen ein­gepflanzt sei. Nur dieser "unmoralische Zustand stän­diger Bewegung" bringe den Bürger der "not­wendigen Revolte näher, in der dieser die Regierungs­form stets halten muss". Eine wahre Lust, die Revolution!


Revolutions­feind? Royalist? Gemä­ßigter? Oder ein revolutionärer Patriot? Diese un­sicheren Fragen beim Flanieren auf dem Bou­levard gehören ab sofort der Vergangen­heit an, denn jetzt gibt es das T-Shirt von republique.de. Wer jetzt im Früh­ling dieses Kleidungs­stück nicht trägt, ist ein Konter­revolutionär und kann sich um­gehend beim lokalen Überwachungs­komitee melden. So einfach ist das jetzt. Die Logos stammen von dem jungen, viel­versprechenden Designerinnen-Duo Dumbo & Gerald aus Pforzheim. In allen Größen, für Männer und Frauen und mit zwei verschie­denen Motiven.

 
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© Jan Knupper CCXVIII (2010)